Ulmer Pressedienst

01.04.2015

125 Jahre Fertigstellung des Münsterturms

Ulm feiert mit Maß und Weitblick

Die Fertigstellung des Münsterturmes und damit die Vollendung des Ulmer Münsters jähren sich in diesem Jahr zum 125. Mal. Darauf sind die Ulmer stolz, auch wenn die Turmspitze wegen des berüchtigten Ulmer Nebels nicht immer zu sehen ist. Stadt und Kirchengemeinde widmen dem Ulmer Wahrzeichen ein vielfältiges Programm mit künstlerischen und musikalischen Projekten.

Die Ulmer sind sehr stolz auf ihr Münster und den Münsterturm. Dieser ist mit exakt 161,53 Metern der höchste Kirchturm der Welt. Wer zu Fuß hinauf will, muss 768 Stufen bis zur Spitze hinaufsteigen, um von dort einen herrlichen Ausblick zu genießen. Der Kirchenbau wurde im Jahr 1890 mit der Fertigstellung des Turms vollendet. Das jährt Ereignis jährt sich nun zum 125. Mal.
Das ist Anlass für die Stadt Ulm, dem imposanten Bauwerk auch höchste Aufmerksamkeit zu schenken - und zwar mit einem vielfältigen Kunstprogramm mit dem Motto Ausblick-Weitblick. Die Projekte werden unter der Regie des städtischen Kulturamts von internationalen und nationalen Künstlern sowie auch Akteuren aus der lokalen Kunstszene umgesetzt. Diese Kulturevents sind ausdrücklich auch als Marketing für die Donaustadt gedacht. Die Verantwortlichen wollen mit den Aktionen das Interesse auch der nationalen und internationalen Medien auf das Münster, aber auch auf die Stadt lenken.
Das ganze Jahr über ist die Turmspitze besonders beleuchtet. Münsterscanning nennt der Künstler Joachim Fleischer aus Stuttgart seine Installation. Etwa eine Viertelstunde dauert ein Durchlauf der faszinierenden Installation, mit der mit 23 Scheinwerfern und LED-Leuchten der Münsterturm allabendlich in Szene gesetzt wird.
Open Air auf dem Münsterplatz sollte ein extra für das Ereignis komponierte Ulmer Oratorium des zypriotischen Musikers Marios J. Elia am 29. Und 30. Mai aufgeführt werden. Es gab monatelange Querelen zwischen dem Komponisten und den musikalischen Leitern der Ulmer Chöre und Orchester. Der aus Zypern stammende Komponist arbeitete offenbar an einem Werk, das in der für Ulm vorgesehenen Besetzung mit Profi-und Laienensembles kaum spielbar war. Drei Monate vor der Uraufführung lagen noch keine vollständigen Partituren vor. An den beiden Konzertterminen wird nun anstatt der rund 500 000 Euro teuren Aufführung des Ulmer Oratoriums wahrscheinlich ein Gemeinschaftskonzert mit einem populären Klassikwerk zu hören sein.
Im benachbarten Stadthaus informiert eine Dauerausstellung darüber, wie das Münster bisher gefeiert wurde: vom allerersten Münsterfest des Jahres 1877 über die darauffolgenden in den Jahren 1890, 1927, 1940, 1977 bis zum noch- letzten im Jahr 1990. Die Ausstellung dokumentiert die durchaus auch produktiven Auseinandersetzungen, die es um jedes Jubiläumsfest gab.
Ein Hingucker ist auch das aus Legosteinen im Maßstab 1:70 nachgebaute Münster. Der Turm aus Lego erreicht immerhin eine Höhe von 2,30 Meter und wird auf einem Sockel im Ulmer Münster ausgestellt.
Im Rahmen eines internationalen Kunstwettbewerbs stehen das Ulmer Oratorium von Marios Joannou Elias, die Turm-Installation von Rafael Lozano-Hemmer, das Münsterscanning von Joachim Fleischer, das Projekt Poetry and party von Susanne Heinrich und das Projekt "Ich, Ulm" von Doris Graf im Mittelpunkt.
Das freut auch Münsterdekan Ernst-Wilhelm Gohl: Die Kirchengemeinde hätte das Jubiläum nie so groß feiern können, sagt er, und fügt hinzu: Das ist eine Riesenchance auch für die Kirche.
Obwohl der Turm fast bis in den Himmel ragt, bleiben die Ulmer auf dem Boden. Oberbürgermeister Ivo Gönner warnt davor, das Jubiläumsjahr als Event anzusehen. Schließlich sei das Münster kein Rummelplatz und das Münster eine kirchliche Institution. Einen wichtigen Nebeneffekt der Feiern nehmen aber Oberbürgermeister und der Münsterdekan gerne mit.
Die Festlichkeiten, für die die Stadt rund 1,8 Millionen Euro bewilligt hat, sollen den Turm wieder verstärkt in den Fokus der Bevölkerung rücken. Denn der Turm ist nicht nur hoch, sondern auch sehr teuer, so Gönner. Wir müssen viel tun, um das alles zu erhalten, damit das Münster noch vielen Generationen erhalten bleibt, informiert der Oberbürgermeister. In den kommenden zehn Jahren werden 25 Millionen Euro für anstehende dringende Sanierungsarbeiten benötigt. Daher beginnen gleich nach dem Fest weitere Sanierungsarbeiten und Sammelaktionen für die Ulmer Bürgerkirche.

Ulmer Münster - Bürgerkirche
Im 14. Jahrhundert hatte Ulm zwar eine neue Pfarrkirche, doch die lag gefährlich außerhalb der Stadtmauer. Die Ulmer planten daher eine Kirche in der Stadt bei 10 000 Einwohnern nicht ganz unbescheiden - mit einem Kirchenschiff für immerhin 20 000 Gläubige. Am 30. Juni 1377 starteten die Stadtoberen und die Einwohner den Bau und spendeten dafür Goldstücke. Damit war geklärt, dass die geplante Ulmer Kirche weder kirchlichen noch weltlichen Fürsten gehört, sondern von und für Bürger entstehen soll.
Der erste Baumeister Heinrich Parler plante zunächst eine schlichte Kirche mit drei gleich großen Türmen. Doch schon Ulrich von Ensingen erstellte den Plan für einen kolossalen Hauptturm mit 151 Metern Höhe und baute bis 1417 am Ulmer Münster. Matthias Böblinger übernahm 1480 und setzte die Arbeiten am Hauptturm fort. Doch das Fundament gab nach, der Turm drohte zu kippen. Schließlich rettete Burkhard Engelberg ab 1493 das Bauwerk, in dem er die Seitenschiffe teilte und so verhinderte, dass Spannungen zu weiteren Zerstörungen führen konnten. 1543, nach 166 Jahren, wurden die Baumaßnahmen dann aber zunächst eingestellt. Das Geld war knapp.
Erst im Jahr 1890, also 513 lange Jahre nach der Grundsteinlegung was sind dagegen einige Jahre Verzögerung beim Bau eines Flughafens oder einer Konzerthalle - , wurde die Kreuzblume auf der Spitze des Münsterturms unter dem Baumeister August von Beyer aufgesetzt und damit der Bau des Ulmer Münster vollendet. Von Beyer hatte den Turm um zehn Meter gestreckt und so die endgültige Höhe von 161,53 Metern erreicht.
Die Ulmer haben damit ein klares Zeichen gesetzt. Im Mittelalter war The Cathedral Church of St. Mary in Lincoln schon fast so hoch wie das Ulmer Münster. Die Kathedrale war 200 Jahre lang sogar das höchste Gebäude der Welt. Der Hauptturm war mit 160 Metern (genau: 159,7 m) das höchste Gebäude der Welt - und das im frühen 14. Jahrhundert. Erst 66 Jahre später wurde der Grundstein für das Ulmer Münster gelegt. 1549 riss ein Sturm den Helm des Turms mit sich. Doch immerhin - 200 Jahre lang war die Kathedrale von Lincoln das höchste Gebäude der Welt. Erst mit Fertigstellung des Turms des Ulmer Münsters im Jahr 1890 erreichte wieder ein Kirchturm eine Höhe von über 160 Metern. Die Ulmer waren einfach hartnäckiger und ausdauernder. Sie wollten eben den Ausblick und Weitblick.
Weitblick haben vor 125 Jahren auch politisch und sozial engagierte Bürger die Ulmer SPD gegründet. Gründungsvorsitzender war Robert Dick. Die Genossinnen und Genossen gründeten den SPD-Verband am 19. Januar 1890 und hielten während des Kaiserreichs, in der Weimarer Republik und der dunklen Nazizeit die rote Fahne hoch. Bei der Jubiläumsfeier gratulierten neben anderen die Landesgenossen Dr. Nils Schmid und Claus Schmiedel.
Spitze und wegweisend ist Ulm auch mit seiner Wissenschaftsstadt. Der Wandel von der reinen, aber krisenanfälligen Industriestadt hin zur Wissenschaft und Dienstleistung wurde vor 30 Jahren eingeleitet. Auf dem Eselsberg werden seitdem Forschung, Universität und Industrie eng verzahnt. So unterhalten beispielsweise die Automobilunternehmen AUDI, BMW und Mercedes-Benz Forschungszentren in Ulm oder in den Laboren der Universität wird an Projekten gearbeitet, die von Unternehmen in Auftrag gegeben und später von diesen genutzt werden. Für den akademischen Nachwuchs sorgen Hochschulen und Universität mit über 10 000 Studierenden.
Ulmer Weitblick bewiesen aber schon vor 100 Jahren und mehr Tüftler und visionäre Unternehmer von der Donau, die Weltunternehmen wie Kässbohrer, Seeberger, Schwenk, Wieland, Walther, Gardena oder Magirus später ratiopharm und Müller gründeten und von Ulm aus in die Welt expandierten.
Große Namen, die mit Ulm verbunden werden wie das Ulmer Münster.

INFO: Das komplette Programm zum 125-jährigen Jubiläum gibt es auf der Webseite unter www.ulm125.de oder www.ulm-news.de

Anhänge

sz_-_ulmer_muenster.doc

Anhänge